SuisseID: Praxisbericht

SuisseID

Als «ersten standardisierten elektronischen Identitätsnachweis der Schweiz» lanciert, steht die SuisseID unter hohem Erwartungsdruck. Seit gut 2 Jahren ist eine solche SuisseID mein ständiger Begleiter. Wofür ich diese bislang einsetzen konnte, möchte ich in diesen Zeilen festhalten.

Vor über einem Jahrzehnt besass ich mit einen Swisskey ein Produkt, das mit einer ähnlichen Absicht lanciert wurde. Kurz danach wird das Produkt jedoch eingestellt. Zuerst Kater-, dann Aufbruchstimmung: Im Jahr 2010 lanciert das SECO mit der SuisseID ein indirektes Nachfolgeprodukt und subventioniert dessen Kauf. Ich steige auf dieses Angebot des SECO ein – rein aus persönlichem Interesse, ohne konkreten Anwendungsfall im Hinterkopf und mit der Absicht diese SuisseID bei allen sich bietenden Gelegenheiten einzusetzen!

Die Beschaffung der Post SuisseID im August 2010 verlief recht problemlos. Der ganze Prozess war zwar etwas umständlich – aufgrund der gesetzlichen Anforderungen wohl unvermeidbar -, aber kommunikativ gut begleitet und dokumentiert. Echt positiv überrascht hat mich, dass ich die ganze Inbetriebnahme ohne nennenswerte Hürden über meinen Linux-basierten Laptop abwickeln konnte. Und dies, obwohl meine damals verwendete Distribution (Debian) nicht zu den unterstützten Plattformen zählte.

Zwei Jahre sind vorbei, Zeit für einen Rückblick auf meine Erfahrungen mit der SuisseID! Mit etwas Kratzen am Kopf und einigen Recherchen in meiner Mailbox kommt folgende Liste zustande:

  • Versenden und empfangen elektronisch signierter Email: Die SuisseID funktioniert gut mit Thunderbird auf meinem Laptop (vorerst mit Debian Linux und später mit Ubuntu). Nur bin ich bisher nie auf einen Anwendungsfall gestossen, in dem die Verwendung signierter Mail gefordert gewesen wäre oder relevante Vorteile gebracht hätte.
  • Dokumente elektronisch signieren und prüfen: PDF-Dokumente lassen sich mit SwissSigner, einem Tool der Post SuisseID, recht einfach signieren und prüfen. Die freie Office-Suite LibreOffice unterstützt elektronisches Signieren mit der SuisseID von Haus aus. Funktioniert gut, nur hatte ich keinen konkreten Anwendungsfall ausmachen können.
  • Briefe und PDF  online durch pingen.com in Papierform versenden: Bis September 2012 wurde die SuisseID unterstützt, heute nicht mehr. Der einzige mir bekannte Dienst, bei dem die SuisseID die Erstellung eines Kontos konkret erleichtert hat (Übernahme der Attribute von der SuisseID). Nur testhalber genutzt.
  • Identity Management mit clavid.ch: unterstützt mehrere Authentisierungsvarianten, auch mittels SuisseID. Habe etwas Schwierigkeiten den Mehrwert zu erkennen, wenn ein Element mit geprüften Attributen verwendet wird um den Zugang zu selbstverwalteten Identitäten abzusichern.
  • Login auf Linux-Laptop mit SuisseID gesichert: ziemliche Bastelei, habe mir dabei die SuisseID mit mehrfacher Falscheingabe des PINs ruiniert. Seither hab ich das bleiben lassen…
  • Briefmarken selber drucken mit Web stamp easy der Schweizerischen Post: Das Login-Verfahren der Post erlaubt es eine SuisseID mit einem bestehenden Konto zu verlinken.
  • Einsicht in das eigene Staatssteuerkonto mit den eServices der Wohngemeinde: Obwohl bei der SuisseID die benötigten Daten (Adresse etc.) bereits geprüft wurden und hinterlegt sind, wird der konventionelle Registrationsprozess inklusiver erneuter Adressprüfung durchlaufen.
  • Strafregisterauszug online beantragen: Das Highlight zuerst: Mit der SuisseID online beantragt erhielt ich den Auszug innerhalb von weniger als 90 Minuten bereitgestellt! Ich hätte einen Monat Zeit dafür gehabt… Der Dämpfer: Das Prüftool der Post SuisseID reklamiert, dass die Signatur auf dem Auszug nicht vertrauenswürdig sei.

Mein persönliches Fazit:

Beschaffung und Einsatz der SuisseID ist etwas umständlich und nicht ganz billig, aber funktioniert grundsätzlich. Zudem setzen die genutzten Dienste fast ausnahmslos voraus, dass ein konventionell erstelltes Konto existiert, bevor die SuisseID damit verlinkt werden kann. Statt einer Vereinfachung resultiert beim Einsatz der SuisseID pro Dienst ein Mehraufwand.

Der Besitz einer SuisseID vereinfacht oder verbessert die Nutzung der diversen Dienste entweder gar nicht, oder – zumindest in meinem Kontext – nicht erheblich.

In der aktuellen Online-Werbekampagne der Post für ihre Post SuisseID werden weitere Anwendungsfälle vorgestellt, z.B. folgender: «… melden Sie Ihrer Gemeinde den Zivilstands- oder Wohnortwechsel aus den Flitterwochen». Ich habe – zugegebenermassen – Schwierigkeiten alltägliche, nutzbringende Einsatzszenarien für den Privatgebrauch zu finden. Die Post auch!


Comments

Eine Antwort zu «SuisseID: Praxisbericht»

  1. Hallo Christophe
    Stimme deinen Punkten grösstenteils zu. Vor allem aus Sicht der Privatanwender braucht die SuisseID noch etwas Zeit – die Anbieter von Einsatzmöglichkeiten sind träge, aber das war besonders in der Schweiz irgendwie schon immer so. Anfrage bei meiner Gemeinde: Ja, so in 3 Jahren wären sie soweit. Gut wurde die SuisseID vor 2 Jahren lanciert, sonst würden wir noch mehr hinterher hinken. Nun zu meinen Highlights aus Unternehmersicht:
    – MwSt. elektronisch einreichen: Total geil. Kein Porto mehr und vor allem kann ich die Daten eingeben, sie werden gleich berechnet und mir gesagt, was ich überweisen muss. Nettes Detail: Die Prüf- oder Referenznummer auf dem EZS kann ich bequem für’s Online-Banking kopieren (statt mühsam abzutippen).
    – Elektronisches Signieren von Dokumenten und per Email einreichen. Ist mit dem Signer ganz einfach und wird fast immer akzeptiert. Gelegentlich schicke ich den Hinweis auf’s ZertES mit. Spätestens dann wird es angenommen. Kein Papier, kein Porto, bequemer und vor allem schneller (das Hin und Her mit Verträgen auf dem Postweg kann schnell mal eine Woche! brauchen)
    Für mich sind das Killer-Features für die ich meine SuisseID erneuern werden (hat sich längstens amortisiert). Ich hoffe nur, mehr Anbieter ziehen mit und bauen die SuisseID an mehr Orten ein (alle, die noch ein bestehendes Konto verlangen haben’s einfach nicht kapiert – mit Facebook Connect o.ä. geht es ja schliesslich auch). Los Schweiz – raus aus der Steinzeit.

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